Montag, 3. Oktober 2016

Der Ruf nach mehr Professionalisierung


Jahrestagung der ees, 2. Tag: Veronica Gaffey, die über Jahre die Evaluationsabteilung im „Directorate General for Regional and Urban Policy“ der Europäischen Kommission geleitet hat,  betont in ihrer Key Note, dass die Nachfrage von Politikerinnen und Politikern nach fundierten Informationen („robust evidence“) – also auch durch Evaluationen generierte Informationen – so groß wie noch nie sei. Die EU hat in viele Programme die Pflicht zur Evaluation der Maßnahmen angelegt, bis 2020 sind jetzt schon 1600 Impact-Evaluationen geplant. Veronica Gaffey warnt eindringlich, dass sich Evaluation als sich herausbildende Profession an einem Scheidepunkt befinde: Insbesondere vor dem Hintergrund der Post-truth-Society, der aktuellen Abneigung gegenüber ExpertInnen, müsse es jetzt gelingen, die Qualität von Evaluationen sicherzustellen. Schon wenige schlechte Evaluationen könnten die gesamte Evaluationscommunity diskreditieren.

Sie plädiert für die Einführung von Peer Review Prozessen, um die Professionalisierung voranzutreiben. Die britische UKES hat dieses System der systematischen Reflexion der eigenen Kompetenzen und Entwicklungsbedarfe im Frühjahr 2016 erfolgreich pilotiert und die ees bereitet ihre Pilotphase zu einem Verfahren des Peer Review vor, dass in enger Abstimmung mit der UKES entwickelt wurde. Ich habe selbst an dem Piloten der UKES teilgenommen und wertvolle Impulse für eine eigene Situationsbestimmung mitnehmen können. Mit der Teilnahme bestätige ich, dass ich gewillt bin, meine eigene berufliche Praxis zu reflektieren und mir selbst Ziele zu setzen, an welchen Stellen ich mich weiterentwickeln will. Dieses Verfahren sagt nichts über das Wissen oder die Kompetenzen des Teilnehmenden aus. Allein die Bereitschaft zur Reflektion wird gewürdigt. 

Die DeGEval hat sich anlässlich ihrer Jahrestagung 2014 zurückhaltend zur Frage von Professionalisierungsverfahren positioniert. Wir sollten meines Erachtens die praktische Umsetzung in Großbritannien weiter eng verfolgen, die mit einigen organisatorisch-administrativen Problemen verbunden sein wird, wenn es denn überhaupt eine ausreichende Nachfrage gibt. Aber wir sollten mit eigenen Ideen nicht warten. Sonst laufen wir Gefahr, dass uns von außen ein Verfahren „aufgedrängt“ wird.